Neues aus Imasgo - Dreiwöchige Reise von Franz Stevens im Februar 2019
Seit mehr als 20 Jahren helfen Christen aus Birkenau mit Unterstützung vieler Spender Menschen in Afrika. Genaugenommen in Imasgo im Zentrum des westafrikanischen Staates Burkina Faso. Dass die Hilfe ankommt, davon überzeugt sich mindestens einmal im Jahr eine Delegation aus Deutschland vor Ort. Aus der Gruppe „Christen für Afrika“ ist Anfang des Jahres der Verein Imasgo geworden. Dessen Vorsitzender Franz Stevens ist gerade von einem dreiwöchigen Aufenthalt zurückgekehrt und berichtet von seinen Eindrücken.
„Ich versuche seit Jahren, die einheimische Sprache zu lernen“, erzählt er: Mooré. Denn mehr als die Hälfte der Bewohner von Imasgo spricht kein französisch. Ein paar Sätze kann er inzwischen, und mit denen hat er die Freunde in den Gottesdiensten in Imasgo-Zentrum und in Rana begrüßt. „Das ist supergut angekommen“, freut sich Stevens und versteht das auch als Botschaft. --> zum Audio der Ansprache in Rana
Knapp drei Wochen hat er in Imasgo verbracht, viele Gespräche geführt, Fotos gemacht, Videos aufgezeichnet. Es sind ungefähr zehn Stunden Flug bis nach Burkina Faso und drei Stunden mit dem Auto bis in das kleine Departement mit mehreren Dörfern. Eines davon heißt Rana. Rund 2000 Einwohner leben hier und im Umfeld. Die Kirche gleicht ein wenig einer Fabrikhalle, als Sitzgelegenheit dienen Steinklötze. „Die Kirche ist gerappelt voll“, berichtet Franz Stevens: „Hier erreicht man viele Menschen.“
Kirche als Partner
Die katholische Pfarrgemeinde dient dem Verein zugleich als Partner bei der Hilfe vor Ort. Camille Ramdé, Universitätsdozent für Deutsch, betreut die Projekte und verwaltet die Finanzen. Alphonse Ramdé, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, ist beständiger Partner vor Ort seit Beginn der Partnerschaft 1995. Der aktuelle Pfarrer, Abbé Evariste Ouédraogo, gehört zu den wenigen Menschen aus Imasgo, die schon einmal in Birkenau waren. Der Flug ist für die allermeisten unerschwinglich, und die deutschen Behörden erteilen oft nicht das erforderliche Visum. Dabei sind diese Begegnungen so wichtig, wie Stevens betont: „Sie sind immer ein kleiner Beitrag zur Verständigung.“ Die Mitglieder der deutschen Delegation zahlen ihre Reise stets selbst. Um das auch jungen Menschen zu ermöglichen, plant der Verein einen Fonds für Begegnungen und den Bau eines kleinen Gästehauses. Zum Foto: Camille Ramdé (Mitte) und Alphonse Ramdé (rechts).
Was die Arbeit in Imasgo angeht, so sieht Pfarrer Evariste Ouédraogo die Prioritäten ähnlich wie der Birkenauer Verein. Ganz oben steht dabei die Bildung. Mit Unterstützung aus Deutschland konnten in der Vergangenheit eine komplette Grundschule für umgerechnet 25.000 Euro gebaut, eine weitere mit Lehrmitteln ausgestattet werden. Ferner wurden die Gebäude für zwei Realschulen und eine gymnasiale Oberstufe finanziert. Letztere hat gerade erst mit der Arbeit begonnen und zählt bereits 100 Schüler. In den Grundschulen sind es jeweils 250, in den Realschulen je über 500.
Kochen über dem offenen Feuer
„Manche laufen etwa eine Stunde bis in die Schule“, erzählt Stevens. Unterricht ist von 7.30 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr. In der Pause erhalten die Kinder eine warme Mahlzeit. Auch die Kantine wird mit deutscher Unterstützung betrieben, wobei man sich von der Vorstellung einer Mensa hierzulande lösen muss. In einem nach allen Seiten offenen Gebäude köcheln drei große Töpfe über dem offenem Feuer. Es gibt Reis mit weißen Bohnen, Öl, Gewürzen und Kräutern aus dem Garten.
Manchmal kommt in das Gericht auch Gemüse, das im Schulgarten wächst. Auberginen, Tomaten, Zwiebeln, eine Art Paprika, manchmal auch Karotten. Die Frauen, die hier kochen, erhalten einen Lohn. Auch eine Art der Förderung. „Aber höchstens zwei Jahre“, ergänzt Stevens. Denn es sollen möglichst viele Frauen in den Genuss eines Einkommens kommen.
Die Kinder kommen im Gänsemarsch zur Essensausgabe, alle haben ihr eigenes Gefäß dabei. Wenn es voll ist, setzten sie sich irgendwo auf dem weiträumigen Gelände unter einen Baum und essen. Damit Gemüse im Schulgarten wächst, müssen sie regelmäßig Wasser von einem Brunnen holen. „Sie sollen lernen, wie man einen Garten macht“, nennt der Imasgo-Vorsitzende einen weiteren Effekt dieser Arbei.
Wasser fehlt überall
Das mit dem Wasser gestaltet sich allerdings zunehmend schwierig in diesem Teil der Sahel-Region. Einst gab es einen großen Stausee am Ortseingang, doch der Fluss, der ihn speiste, ist längst ausgetrocknet. Erst am Ende der Regenzeit ist das Reservoir voll, und dann nicht nur mit Wasser, sondern auch mit Krokodilen. Das Wasser müsste eigentlich bis zum Beginn der nächsten Regenzeit halten, doch neuerdings ist es schon im März fast weg, im April und Mai fehlt das Wasser für die Tiere und die Gebäude. „Die Lage hat sich gewaltig verschlechtert“, schildert Stevens die Entwicklung. Das Trinkwasser für die Menschen kommt aus wenigen Brunnen. Meist müssen es Frauen und Kinder mit Kanistern holen, die sie auf Handkarren transportieren.
Wasser ist auch das große Thema in dem 500-Seelen-Dorf Koulkandé. Eine Stunde mit dem Fahrrad hat der Chef des Imasgo-Vereins gebraucht, um hierherzukommen. Eine Fraueninitiative schildert ihm dort ihr Anliegen. Sie brauchen einen Brunnen für die Schule und für die Menschen im Dorf. Die nächste Wasserstelle ist sieben Kilometer entfernt. Doch einen einzelnen Brunnen zu bohren, wäre zu teuer und unwirtschaftlich, wie Stevens mit einer Ordensschwester vor Ort ermittelt, die Bau-Ingenieurin ist. Wenn sich der Aufwand und die weite Anfahrt der Brunnenbauer lohnen soll, dann muss es mindestens drei Brunnen geben. Rund 26.000 Euro werde das kosten, schätzt die Expertin. „Das schaffen wir nicht ohne öffentliche Fördermittel“, ist dem Birkenauer Afrikafreund schnell klar. Doch entmutigen lässt er sich davon nicht: „Wir werden versuchen, das umzusetzen.“ Dieses Jahr allerdings nicht mehr. Brunnen kann man nur in den Monaten Februar bis April bauen, im Mai ist es schon bis zu 50 Grad heiß. Das Foto entstand bei der Besprechung der Wasserprobleme in Koulkandé.
Bücher helfen beim Lernen
Zurück in Imasgo, geht es noch einmal um die Bildung. Yves Patrick Kaboré, der Rektor von Realschule und Gymnasium, ist total stolz auf seine Schüler. Die Abschlussquote ist auf 88,5 Prozent gestiegen, während sie landesweit bei unter 50 Prozent liegt. Geholfen hat dabei auch die Lektüre. „Wir haben das College vor zwei Jahren mit Büchern ausgestattet“, erläutert Stevens. Seit 2018 gibt es sogar eine richtige Bibliothek. Sie ist täglich geöffnet und bietet zugleich Raum zum konzentrierten Lernen. Fatimata Sankara verwaltet die gedruckten Schätze in dem kleinen Bau, über dessen Eingangstor das Logo des deutschen Fördervereins prangt. Neben den Büchern zahlt der Verein auch zwei Drittel des Gehalts, das die Bibliothekarin bezieht. Umgerechnet 90 Euro im Monat erhält sie. Zehn Euro mehr als ein Handwerker, 20 Euro weniger als ein Lehrer.
Eigener Strom
Was aber passiert nach der Schule? „Der Ausbau der beruflichen Bildung wird ein weiterer Schwerpunkt sein“, kündigt Stevens an. Gerade hat ein neuer Kurs „Elektrik und Solartechnik“ begonnen. 17 Schüler, darunter drei Frauen, lernen hier vor allem, was für die Praxis nötig ist. Wie man eine Solaranlage aufstellt und betreibt, wie man Kühlschrank und Fernseher mit 12-Volt-Strom zum Laufen bringt. Ausbilder William Bassolé versteht sein Handwerk, wie der Imasgo-Vorsitzende betont: „Ich habe die leuchtenden Augen bei den jungen Leuten gesehen.“ Vor allem können die Schüler das Erlernte im Dorf umsetzen. Kleinstanlagen zur Stromversorgung lassen sich für 150 Euro installieren. Für die entlegenen Dörfer ist das oft die einzige Chance, an Elektrizität zu kommen. Sommer wie Winter ist es hier um sechs Uhr dunkel, da freuen sich die Menschen über künstliches Licht. Und sie können ihre Mobiltelefone aufladen. Die sind nämlich weit verbreitet, und das Mobilfunknetz ist recht gut. Vor allem der Kurznachrichtendienst WhatsApp wird intensiv genutzt zur Kommunikation, wie Stevens weiß. Für Internet und E-Mail sei das Netz allerdings zu langsam.
Kostproben beim Solidaritätsessen
In einem weiteren Gebäude surren gute alte deutsche und französische Tretnähmaschinen. Hierzulande ausgemustert, sind sie per Container nach Imasgo verschifft worden und leisten dort treue Dienste. Vor allem junge, in Not geratene Frauen besuchen die Näh- und Webkurse, lernen schneidern. Einige ihrer Produkte sind am kommenden Sonntag, 24 März, auch in Birkenau zu bewundern - und zu kaufen. Beim Solidaritätsessen für Projekte in Imasgo. Von 11 bis 14 Uhr lädt der Verein dazu ins katholische Pfarrheim neben der Kirche in Birkenau ein. (hje)
Das Foto zeigt die Scheider-Ausbilder Philibert Sawadogo und Lucie Naba.
Infos rund im Imasgo
Der Verein Imasgo e. V. wurde im Januar 2019 gegründet und setzt die Arbet der Gruppe „Christen für Afrika“ fort.
Derzeit gehören dem Verein 37 Mitglieder an.
Imasgo selbst hat rund 10.000 Einwohner, insgesamt leben in dem Departement 25.000 Einwohner.
2018 hat der Verein 22.000 Euro an Fördermitteln gezahlt, in diesem Jahr umafsst der Förderetat sogar 25.000 Euro.
Ermöglicht wird die Förderung vor allem durch Spenden.
Ein im Sommer 2017 eröffneter Laden erwirtschaftet durch den Verkauf von Produkten aus Burkina Faso rund ein Viertel des Etats, auch durch die Teilnahme an Kunsthandwerkermärkten.
In die Kantine des Schulzentrums fließen jährlich 4500 Euro, 1500 Euro dienen der Hilfe von jungen Frauen, die vor der Zwangsheirat geflohen oder auf andere Weise in Not geraten sind und im Haus der Schwestern Unterschlupf finden. Eine kleine Apotheke, die Medikamente in Kleinstmengen gegen Bezahlung abgibt, wird mit 500 Euro unterstützt.
Autor: Hans-Jürgen Emmerich